Die Hufrehe oder Huflederhautentzündung (lat. Laminitis) ist
eine weit verbreitete Krankheit, die bei Pferdefreunde viel
Angst und Halbwissen mit sich bringt. Das Problem an dieser
Krankheit ist, dass wir ihr immer einen Schritt hinterher
hinken. Steht das Pferd erst mal in der Sägebockstellung, kann
es schnell zum Verlust der Aufhängung des Hufbeinknochens
kommen.
Bei solch einem entzündlichen Prozess schwellen die
Huflederhäute an. Durch die von außen umgebende Hornkapsel
können sich die Lederhäute nicht Ausdehnen, wie es bei
Entzündung normal wäre. Sie drücken also an die Hufkapsel und
das Pferd empfindet dies als sehr schmerzhaft.
Aus den Lederhäuten tritt an der Stelle. an der sonst Klebematerial sein sollte. Entzündungssekret oder Blutserum aus, um die Lamellen und die Hornblättchen miteinander zu verkleben. Dadurch gerät die Aufhängung in Gefahr.
In den allermeisten Fällen kommt erschwerend hinzu, dass das
Hufbein schon vor Beginn der Entzündung keine korrekte
bodenparallele Position hatte. Dadurch fällt das Hufbein mit
der Spitze voraus auf die Sohle.
In der konventionellen Hufrehetherapie bekommt das Pferd einen
Spezialbeschlag, eventuell mit einem Keil unter die Trachten,
um die tiefe Beugesehne aus der Spannung zu nehmen. Dies ist
aber ein fataler Denkfehler, denn man kann eine Sehne nicht wie
ein Gummiband aus der Spannung nehmen. Die tiefe Beugesehne ist
auch nicht der Verursacher für das rotierte Hufbein. Das sind
die zu hohen Trachten und die zu lange Zehe. Oft wird Boxenruhe
und wenig Futter verordnet, da das Pferd aus tierärztlicher
Sicht meist als zu dick eingestuft wird.
Nun gibt es nicht nur durch eine Vergiftung ausgelöste Laminitis sondern, was viel häufiger vorkommt, eine mechanische Entzündung der Lederhäute.
Die Lederhaut besteht aus ganz dicht nebeneinander liegenden
Lamellen, die sich vom Kronrand nach vorwärts abwärts in die
Wachstumsrichtung des Horns befinden. Durch die Anatomie des
Pferdes ist die Belastung auf den Vorderhufen, auch im
Idealzustand, im Zehenbereich am größten. Weicht die Hufform
aus diesem Idealzustand ab und die Parameter verschieben sich,
erhöht sich der Zug auf die Lamellen. Bei zu hohen Trachten
bewegt sich das Hufbein aus der Bodenparallelität heraus, in
diesem Fall sprechen wir von einer "Hufbeinrotation", (Glenn
Remsey), dadurch verändert sich der Kronrand/Bodenwinkel aus
den 30° und folgend auch der Kronrand/Zehenwinkel. Wird auch
die Zehe nicht ausreichend gekürzt, verliert die Hornwand mit
der Zeit die Parallelität zum Hufbein ( Hufbeinseparation ).
Bereits in diesem Zustand kann es immer wieder zu
Entzündungsprozessen in den Lederhäuten kommen, denn die
Lamellen werden zu stark vorwärts/abwärts gezerrt,
Entzündungssekret tritt aus anstelle von Kleber. Nicht immer
muss es gleich zum Verlust des Hufbeinträgers kommen,
kurzzeitige Unterbrechungen der Klebeverbindung stellen sich
Sohlenseitig als hohle Wände heraus. Diesen Bereich der
Kapselwand trägt man soweit ab, bis man auf eine gesunde
Verbindung von Hufkapsel und Lederhaut trifft, um zu
verhindern, dass sich Bodenmikroben immer weiter nach oben in
das weiche Klebehorn reinfressen und so auch den gesunden
Anteil immer wieder zerstören. Es müssen aber auch keine hohlen
Wände sein, die mich alarmieren lassen, sondern auch schon eine
erweiterte weiße Linie, die weich und brüchig ist.
Dieser Zustand informiert mich darüber, dass schon oben am
Kronrand, wo Hornspiralen gebildet werden und aus den Lamellen
Klebematerial geschoben wird etwas im Argen ist.
Hier muss ich als Hufbearbeiter abklären, ob es eine rein
mechanische Ursache hat, oder aber aufgrund von Fütterung und
Haltung eine schlechte Klebeverbindung vorzufinden ist.
Das ist die schwierigste Aufgabe, die wir als
Hufbearbeiter haben, denn oftmals ist die Heuqualität schlecht,
auf deren Fütterung wir keinen Einfluss haben und die Halter
unsere Ratschläge nicht ernst genug umsetzen.
In der Hufheilpraktik möchten wir durch die Hufbearbeitung ein
dauerhaft bodenparalleles Hufbein, mit einer zum Hufbein
parallel verlaufenden Hornwand.
Um dieses Ziel zu erreichen braucht es eine Zielplanung. Kommt
man zu einem neuen Pferd mit der Diagnose Hufrehe, ist erst
einmal durch ein Röntgenbild abzuklären, welche Position das
Hufbein in der Hufkapsel hat und ob es bereits zu einer
Hufbeinabsenkung kam.
In der Hufbearbeitung ist hier grundsätzlich das Gleiche zutun
wie in allen anderen Fällen auch. Wichtig ist es, den Trachten,
Ballen und Eckstrebenbereich so bequem wie möglich zu
schneiden, dass das Pferd sich gut und gerne nach hinten
ablasten kann.
Alle weiteren Schritte sind individuell abzuklären und vor Ort zu besprechen.
Es gibt viele Namen: Hufrollensyndrom, Entzündung der
Hufrolle, Strahlbeinlahmheit oder Podotrochlose, sie
meinen alle das Gleiche. Ein Problem im Bereich der Hufrolle.
Es dauert eine ganze Weile, bis der Pferdebesitzer etwas
bemerkt, denn meist lahmen die Pferde nicht von einem auf den
anderen Tag. Anzeichen können Stolpern, Taktfehler oder das
Vermeiden von engen Wendungen sein. Auf hartem Untergrund wie
Asphalt, scheint es meist unangenehmer zu sein als auf
Sand.
Die betroffenen Pferde stehen oft mit den Vordergliedmaßen
unter dem Bauch, sie versuchen den Trachten/Ballenbereich zu
entlasten.
Von außen scheint es nicht sichtbar zu sein, denn die Hufrolle
befindet sich ja ganz im Inneren des Hufes - das aber ist ein
Irrtum, darauf komme ich jedoch etwas später zu sprechen.
Der Weg bis zu einer genauen Diagnose ist oft kostspielig, denn
es muss erst mal die Lahmheit lokalisiert werden. Es wird meist
eine Leitungsanästhesie gemacht und eine Oxspring Aufnahme, um
das Strahlbein auf mögliche Veränderungen zu untersuchen. Ist
man fündig geworden, geht es in den allermeisten Fällen weiter
mit einem orthopädischen Beschlag. Und siehe da, in vielen
Fällen läuft das Pferd auch schon besser!
Vielleicht sogar lahmfrei.
Doch was passiert im Hufinneren? Das Problem schreitet weiter
voran, denn die Ursache wurde nicht behoben, nur verschoben.
Was passiert denn überhaupt bei der Hufrolle?
Das Strahlbein dient als flexible Gelenksflächenerweiterung des
Hufbeins für das nachfolgende Kronbein. Die tiefe Beugesehne
verläuft vom Hufbein unterhalb des Strahlbeins gleitend nach
oben. Zwischen der tiefen Beugesehne und dem Strahlbein liegt
ein Schleimbeutel (Bursa)
Die Bursa ist ein mit Synovialflüssigkeit gefüllter Gewebesack,
der für die Druckumverteilung und Reibungsverminderung
zuständig ist.
Man muss sich klar machen, dass wir es hier mit einem relativ
kleinen Bereich im Huf zutun haben, der aber eine riesige und
sehr wichtige Aufgabe, im Zusammenhang mit dem Bewegungsapparat
des Pferdes hat.
Kommt es in diesem Bereich durch unphysiologische Hufparameter
zu störenden Druckverhältnissen, kann dieser Schleimbeutel
austrocknen (meist durch zu wenig Bewegung des Pferdes) oder
sich entzünden.
Bleibt dieser Zustand weiter erhalten, kommt es häufig zu
sichtbaren Vergrößerungen der Knochenkanäle im Strahlbein.
Zur Verdeutlichung: Bei Weitung des Hufes (Hufmechanismus)
fließt Blut über verschiedene arterielle Zuläufe in die
Hufkapsel ein. Das Strahlbein und das Hufbein haben keine
klassische Knochenhaut, sie werden über die kleinen in den
Knochen laufenden Arterien versorgt. ( Strahlbein und Hufbein
haben dadurch KEINE Schmerzmeldung )
Ist der Weiterfluss des Blutes durch verschiedene
Zwanghufsituationen gestört, entsteht in den feinen Blutgefäßen
ein Rückstau. Je nach Situation üben die Gefäße Druck auf die
Knochenkanäle aus und es kommt dadurch zu Vergrößerungen der
Löcher im Strahlbein ( Wolff´ sches Gesetz)) Den
unphysiologischem Druck auf Knochen folgt Knochenabbau.
Welche Pferde sind häufiger betroffen?
Häufig sind es Sportpferde, die viele Stunden mit Beschlag in
der Box stehen, und darauf warten zum Training rausgeholt zu
werden.
Der Beschlag verursacht im Trachtenbereich oft einen Zwang,
denn der Huf kann sich bei Laustaufnahme nicht physiologisch
weiten. Selten haben beschlagene Pferde eine Hufform, die sich
gesundend auf ihren Körper auswirkt.
Kommt jetzt noch ein hohes Maß an körperlichen Anforderungen an
das Pferd hinzu, wie zB Springen, dann ist die Belastung auf
den Hufrollenbereich, gerade bei der Landungsphase, enorm
hoch.
Aber natürlich können auch Freizeitpferde betroffen sein.
Welche äußeren Anzeichen können mir Informationen geben, ob ich an den Hufen etwas ändern muss?
- Zu hohe Trachten ( daran zu erkennen, ob der Kronrandwinkel
flacher ist als 30 Grad)
- Untergeschobene Trachten
- Prominente Eckstreben die auf der Sohle liegen, bzw tief ins
Innere hinein hebeln
- Trachtenzwang
Spanische Rassen neigen auch gerne dazu, denn sie haben meist
enge, steile Hufe ( gut für harten Untergrund, wie man ihn in
Spanien auch vorfindet)
Dadurch kommt es häufig zu hohen Trachten (zu wenig Trachte mag
diese Rasse aber auch nicht) und stark nach innen hebelnden
Eckstreben.
Schaut man sich dann noch das Gangbild an, welches sehr
Trachtenlastig ist, kann man sich vorstellen, dass der
Hufrollenbereich viel auszuhalten hat.
Umso wichtiger ist hier ein sinnvolles Arbeiten.
Wie aber geht man jetzt aus hufheilpraktischer Sicht an diese Erkrankung ran?
Ein umsichtig und gut geschulter Hufbearbeiter erkennt die
Situation sofort, entweder schon bevor es zu Problemen in
diesem Bereich kommt oder er weiß was zutun ist, wenn es schon
so weit ist.
Der Huf muss ohne Eisen, in eine physiologische Form gebracht
werden, mit ganz besonderem Augenmerk auf die Eckstreben. Diese
sollten sehr stark zurück geschnitten werden, damit der ganze
Hufrollenbereich entlastet wird und der Blutfluss wieder
ungehindert seine Aufgabe übernehmen kann.
Wichtig ist eine Veränderung der Haltungsbedingungen. Das Pferd
braucht Bewegung in einer Herde, und zwar rund um die Uhr. Nur
so kann der Huf wieder in die Heilung kommen, das tut er immer,
wenn man ihn vernünftig von allen Zwängen befreit. Ein weiterer
wichtiger Aspekt ist die Zusammenarbeit mit einem guten
Körpertherapeuten,
der immer wieder den Körper des Pferdes unterstützt wenn es
nötig ist.
Aus schulmedizinischer Sicht wird, wie so oft, kein Zusammenhang gesehen zwischen der Hufsituation und der Lahmheit, bzw der Hufrollenproblematik.
Welchen enormen Einfluss die Eckstreben auf die Hufgesundheit haben, habe ich erst neulich bei einem Neu- Kundenpferd wieder erlebt. Wochenlang lahm im Trab, Klinik, Hufbearbeiter, keiner wusste was es sein sollte - tiefes Loch gebohrt um nach Abszess zu suchen - nichts gefunden. Ich habe das Pferd geschnitten und direkt danach war eine deutliche Verbesserung zu sehen. Ich riet der Besitzerin das Pferd ruhig mehr zu bewegen ( z.B. am Fahrrad mitnehmen wenn möglich) und siehe da, jetzt ist sie auch im Trab lahm frei.
Es sind manchmal scheinbare Kleinigkeiten, die das Pferd dazu veranlassen zu lahmen, andere wiederum lahmen selbst beim schlimmsten Abszess noch nicht. Immer wieder muss man sich neu auf die Suche begeben. Es bleibt immer spannend.
Aus schulmedizinischer Sicht entsteht ein Abszess aufgrund von eindringenden Keimen, die dann unter Eiterbildung abgekapselt werden.
Aus hufheilpraktischer Sicht ist es so, dass ein Hufabszess
aufgrund von Reparaturmaßnahmen im Huf vollzogen wird. Denn
wenn über einen längeren Zeitraum unphysiologische Hebel auf
die empfindlichen Lederhäute eingewirkt haben, oder aufgrund
eines Traumatas ( Prellung am Huf durch ein großen Stein
o.ä.)
kommt es zu Schädigungen an diesen. Der Huf hat immer das
Bestreben sich selbst zu heilen. Entweder tut er dies nach
einer Hufbearbeitung hin zum physiologischen Huf, oder wenn es
nach langer Trockenperiode richtig Regnet. Dies tut er in Form
von Abszessen.
Was genau ist ein Abszess? Die zerstörten
Gewebeteilchen müssen entsorgt werden. Kleinste Teilchen kann
der Körper resorbieren, größere jedoch nicht. Diese werden
eingeschmolzen und von Eiter umgeben, dieser Eiterraum ist
wiederum von einer Membran umgeben, die dafür sorgt, dass
nichts von der Eiterblase in das umgebene Gewebe dringen kann.
Diese Membran lässt aber auch von außen nichts rein, daher ist
die Gabe von Kortison in Verbindung mit einem Hufabszess kaum
von Nutzen.
Dieser abgekapselte Raum „frisst“ sich jetzt durch das Horn
nach draußen. Und ja, er findet auch ohne großes Zutun
unsererseits seinen Weg.
Wenn man als Hufbearbeiter einen Abszess genau lokalisieren
kann, ist es manchmal hilfreich durch eine minimale Öffnung das
Ganze zu beschleunigen, ansonsten ist davon abzuraten ein
unverhältnismäßig großes Loch zu bohren, oder noch schlimmer,
die Lederhäute zu verletzen, denn das kann zu Narbengewebe
führen und in Folge dessen dann für immer zu
Hornproduktionsstörungen.
Was tue ich also in einem solchen Fall? Den
Huf sohlenseitig wenn möglich etwas nachbearbeiten, wässern und
3x täglich ein homöopathisches Mittel verabreichen - und dann
einfach warten. Das Pferd bleibt bei den anderen in der Herde,
denn es braucht jetzt dringend seine freigewählte Bewegung,
umso schneller sind wir damit durch. Boxenruhe behindert wieder
nur die Stoffwechseltätigkeit, was ich nicht möchte und das
Ganze nur in die Länge zieht.